Zurück zur Übersicht

Balkonkraftwerke: Funktionsweise, Sicherheit und Amortisation

FELIX GOLDBACH
26. Oktober 2022
BALKONKRAFTWERK
YouTube-Video abspielen

Interview mit Marc Niemann

In diesem Beitrag möchte ich Euch erklären, wie ein Balkonkraftwerk funktioniert, wann es sich amortisiert und wie einfach es geht, Strom selbst zu produzieren. Dafür habe ich mich mit dem Experten Marc Niemann getroffen, der Euch das Thema Balkonkraftwerk gerne näherbringt.

Felix: Moin Marc. Was brauche ich denn, um Strom zu produzieren, den ich dann selbst im Haus nutzen kann?

Marc: Gar nicht so viel. Du brauchst ein Solarmodul, einen Wechselrichter und eine Steckdose.

Felix: Brauche ich denn ein spezielles Balkonmodul oder kann ich jedes Solarmodul nehmen?

Marc: Nein, du kannst jedes Solarmodul nehmen. Wichtig ist nur, dass der Wechselrichter zum Solarmodul passt. Wer fertige Anlagen kauft, kann sich darauf verlassen, dass alles gut zusammenpasst. Wenn Ihr Euch selbst ein Balkonkraftwerk zusammenstellt, dann achtet darauf, dass die Spannungen zueinander passen.

Felix: Was sind nun die genauen Komponenten, die ich für kein Balkonkraftwerk benötige?

Marc: Du brauchst ein Solarmodul – das kann entweder ein klassisches aus Glas oder ein flexibles aus einem Verbundwerkstoff sein. An jedem Solarmodul befindet sich ein Kabel mit einem Stecker. Es handelt sich dabei um einen MC4-Stecker, die meistens genormt und untereinander kompatibel sind. Bei größeren Spannungen musst Du etwas aufpassen, dass du die Komponenten vom selben Hersteller nimmst. Bei Balkonkraftwerken spielt das keine Rolle. Sollte der Wechselrichter etwas weiter weg sein, kannst Du die Kabel auch einfach verlängern.

Felix: Wie schließe ich das Ganze denn nun richtig an?

Marc: Der Wechselrichter besitzt die gleichen Anschlüsse wie das Solarmodul. Du brauchst also nur die Stecker des Solarmoduls in den Wechselrichter zu stecken. Darüber hinaus besitzt der Wechselrichter den Ausgang für den Wechselstrom. Da kommt niemals Strom raus, solange er nicht mit dem Netz verbunden ist. Du kannst dort also auch gefahrenlos anfassen.

Felix: Das ist ja wichtig für die Sicherheit. Wenn das Modul Strom produziert, der in den Wechselrichter geleitet wird, ist das noch nicht gefährlich?

Marc: Nein, das ist absolut nicht gefährlich. Es gibt bestimmte Gruppierungen, die an dieser Stelle eine Gefahr unterstellen. Das Ziel ist dann meistens nur, dass ein Elektriker nach Hause kommen soll, was in den meisten Fällen nicht nötig ist.

Felix: Weiter mit den Komponenten für das Balkonkraftwerk

Marc: Neben dem Solarmodul und dem Wechselrichter brauchst Du noch ein Anschlusskabel mit einem Wieland-Stecker, der eine wasserfeste Verbindung mit dem Wechselrichter herstellt. Dieses Kabel wird am Ausgang für den Wechselstrom des Wechselrichters angeschlossen. Das andere Ende des Kabels kommt in die Steckdose und die Stromproduktion kann beginnen.

Felix: Wie kann ich denn herausfinden, welche Leistung das Balkonkraftwerk gerade generiert?

Marc: Dafür kannst du eine Zwischensteckdose zwischen die Haushaltsstecktose und den Stecker des Wechselrichters anbringen. Ich empfehle die myStrom WiFi Switch, bei der Du ein tolles Monitoring bekommst. Du kannst sie auch ins Smart Home einbinden und bekommst eine tolle Ertragsübersicht.

Felix: Nochmal zurück zum Thema Sicherheit: Wie sicher ist denn nun ein solches Solarmodul?

Marc: Es gilt ein Standard von 200 Millisekunden – innerhalb dieser Zeit ist keine Spannung mehr auf dem Wechselrichter. Du kannst ihn einfach rausnehmen und anfassen – es passiert nichts.

Felix: Ich kann einfach einen Schuko-Stecker nehmen und den bei mir Zuhause in die Steckdose stecken?

Marc: Genau. Es kommen maximal 600 Watt heraus – und das nur unter optimalen Bedingungen. Um wirklich die 600 Watt zu erreichen, bräuchtest Du schon mehrere Module.

Felix: Und wie spare ich jetzt genau über die Anlage?

Marc: Es wird immer erst der Strom verbraucht, den Du selbst mit Deiner Anlage erzeugst und ins Hausnetz einspeist. Der Wechselrichter macht nichts anders, als die Spannung im Netz zu erhöhen. Der nächstgelege Verbraucher nimmt sich dann zuerst diesen Strom, der sich in der gleichen Leitung befindet. Wenn auf der Leitung aktuell nichts verbraucht wird, geht es ins Netz, allerdings saldieren unsere Zähler. Das bedeutet, sie ziehen ab, was ins Netz reingeht und wieder rauskommt. Das wird dann untereinander verrechnet.

Felix: Was hat es mit der VDE-Norm auf sich?

Marc: Vorschrift ist nach VDE, dass man eine sogenannte Wielandsteckdose mit Berührungsschutz einsetzt. Der Hintergrund ist aber eigentlich der, dass darüber versucht wird, einen Elektriker in die Installation mit einzubeziehen, der dann die Leitungen überprüft. Da unsere Netze in Deutschland so gut sind, ist das nach meiner Ansicht gar nicht notwendig. Es gibt eine Untersuchung der DGS mit dem Ergebnis, dass selbst bei sehr alten Netzen mit Aluleitungen kein Risiko von 600 Watt ausgeht.

Felix: Ich habe auch das Gefühl, dass diese Vorschrift eher den Hersteller unterstützt, als den Kunden.

Marc: Genau. Wieland ist ja ein Hersteller, der ohne Frage qualitative Produkte anbietet. Diese Stecker waren aber ursprünglich gar nicht für diesen Verwendungszweck entwickelt. Der Steckkontakt ist nur reingeschraubt. Die Dosen –  nicht der Steckkontakt – stimmen qualitativ nicht mit dem Preis überein. Die Aufputzsteckdose kostet immerhin 50,00 Euro und kann in Sachen Qualität nicht mal mit einer Jung-Steckdose im Wert von 8,00 Euro mithalten. Der Steckkontakt ist gut durchdacht, aber nicht nötig. Alle Untersuchungen zeigen, dass ein Schuko-Stecker vollkommen ausreicht.

Felix: Ich verstehe auch noch nicht ganz, warum eine Anmeldung beim Energieversorger erforderlich ist?

Marc: Viele Energieversorger bieten schon sehr vereinfachte Anmeldeformulare auf ihren Seiten, andere Netzbetreiber machen es unnötig kompliziert. Diese fordern dann Angaben und Daten, die eigentlich nicht nötig sind oder legen fest, dass die einzelnen Module maximal 300 Watt leisten dürfen. Der Wechselrichter ist aber das, worauf es ankommt und der bestimmt, wieviel Leistung das Balkonkraftwerk am Ende maximal erbringen kann. Der Wechselrichter bestimmt, ob die Anlage im vereinfachten Verfahren anmeldefähig ist.

Felix: Wann amortisiert sich eine solche Anlage?

Marc: Die Preise für Solarmodule sind in den vergangenen Jahren extrem angestiegen. Ich habe für mein Solarmodul damals noch 89,00 Euro bezahlt – diese Preise wirst Du heute nicht mehr finden. Dadurch hat sich mein Balkonmodul schon nach ca. 4 oder 5 Jahren amortisiert.  Da aber auch parallel dazu die Strompreise gestiegen sind, ist eine Amortisationszeit von 5 Jahren realistisch.

Felix: Zeit für ein Fazit.

Es ist sehr leicht, Strom selbst zu produzieren. Du kannst das Balkonkraftwerk einfach in die Steckdose stecken und jeder kann sich ein Modul bzw. einen Mikrowechselrichter bestellen und viel Strom sparen. Danke Marc für Deine Expertise.

YouTube-Video abspielen
FELIX GOLDBACH
26. Oktober 2022
BALKONKRAFTWERK